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Der Torffilter
Einleitung
Aus meiner Wasserleitung fliesst das für unsere Fische so lebenswichtige Nass mit Werten, die mich jedesmal in ein Wechselbad der Gefühle stürzen. Die Gesamthärte von 5,5 °d lässt mich von Nachzuchten träumen. Der pH-Wert von 8,5 holt mich stets auf den Boden der Tatsachen zurück. Wenn ich nicht zur Seewasseraquaristik überwechseln wollte, so musste ich mir zur Ansäuerung des Wassers etwas einfallen lassen. Als zeitsparendste Möglichkeit erwies sich die Zugabe von Mineralsäure. Nun wird zum Beispiel Krause (1990) nicht müde, auf den biologischen Unsinn eines derartigen Eingriffes hinzuweisen. Seine Überlegungen haben sicherlich etwas für sich. Zum Glück lesen meine Killifische und Zwergcichliden derartige Abhandlungen nicht. Sie laichen jedenfalls auch in dem von mir gebotenen Wasser munter darauf los.
Andererseits bin ich weit davon entfernt, diese von Krause vermittelten Grundlagen mit einer saloppen Formulierung abzutun. Die Grenzen einer Ansäuerung mittels Phosphorsäure zeigten sich bei mir am Pflanzenwuchs. Der pH-Wert stieg nach kurzer Zeit wieder über den Neutralpunkt. Später ergaben sich Besonderheiten, die ich aber hier nicht weiter ausführen möchte, weil sie vom Thema wegführen würden. Letztlich zeigte sich nur ein erfolgversprechender Weg: Dauerhafte pH-Wert-Senkung durch Entkarbonatisierung des Leitungswassers!
pH-Wert beeinflussen
Den meisten Aquarianern ist bekannt, dass sich die Gesamthärte aus Karbonathärte und Nichtkarbonathärte zusammensetzt. Untersuchungen haben offengelegt, daß der pH-Wert in Abhängigkeit zu diesem Karbonatanteil steht. Die Karbonathärte kann für den Aquarianer auf zwei Wegen gesenkt werden. Hier wäre zunächst einmal der Ionenaustausch über Kunstharze zu nennen. Mit einer Teilentsalzung über stark oder schwach saure Kationenaustauscher kommt man zum gewünschten Ergebnis. Dieses Verfahren eignet sich insbesondere für den Aquarianer, der größere Wassermengen und/oder härtes Wasser behandeln muss.
Sollten Dir Deine Wasserwerte unbekannt sein und willst Du nicht erst Messreagenzien kaufen, so kannst Du die Wasserwerte auch bei Deiner Gemeinde- oder Stadtverwaltung erfragen.
Der zweite Weg führt über die Torffilterung. Die Ionenaustauschwirkung des Torfes ist allerdings begrenzt. So beschränkt sich eine sinnvolle Anwendung auf Wässer mittlerer Karbonathärte bis 7°d. In diese Richtung läßt sich auch Pinters Hinweis interpretieren, wonach Toffilterung nur geringfügigen Einfluss auf Härte und pH-Wert habe. Torf ist jedoch keineswegs gleich Torf. So verbietet sich eine Verwendung von Niedermoortorf, weil er bei hohem Mineralgehalt keine ansäuernden Eigenschaften besitzt. Hochmoortorf hingegen wird in Schwarztorf und Weisstorf unterschieden. Während Schwarztorf als Brennmaterial verwandt wird, für einen praktischen Einsatz im Aquarium zu stark ansäuert, bietet sich der Weisstorf als geeignetes Medium an.
Der in der täglichen Praxis ungebräuchliche Begriff "Weisstorf" soll uns jedoch nicht schrecken. Es handelt sich hierbei um den üblicherweise im Gartenbau verwandten Torf, den wir in Ballen mit und ohne künstliche Zusätze kaufen können. Die häufige Handelsbezeichnung "Düngetorf" ist irreführend. Gerade dieser Torf ist in keiner Weise künstlich "aufgewertet" worden. Die entsprechende Auszeichnung soll wohl nur den Umsatz steigern. Aquaristisch ungeignet sind alle Torfe, die mit künstlichen Zusätzen versehen sind und meist mit klingenden Markennamen verkauft werden.
Torf testen
Es ist bekannt, dass der Torf je nach Zusammensetzung und Herkunft ansäuert und die Austauscherwirkung an die feste Substanz des Torfes gebunden ist. Deshalb liegt für die praktische Anwendung im Filter ein Test nahe. Hierzu weichen wir eine geringe Menge Torf über Nacht in destilliertem Wasser ein. Nach Belüftung sollte der pH-Wert unter 5 liegen. Bei einer Abnahme des Säuregrades ist anzunehmen, dass flüchtige organische Säuren enthalten waren. Für eine andauernde Senkung des pH-Wertes sind solche Torfe daher ungeeignet.
In der Regel belegt der Test wie bei meinem Versuch die Eignung des Torfes. Einem Einsatz steht somit nichts mehr im Wege. Zuvor sollte jedoch die benötigte Menge Torf eingeweicht werden. Hierzu kann Leitungswasser verwendet werden. Vor einem Überbrühen wird in der Literatur gewarnt. Es gingen wertvolle Substanzen verloren. Ich fülle für meine Zwecke den Torf in kleine Eckfilter. Damit diese absinken, lege ich einen entsprechend grossen Kieselstein hinein. Diese Filter haben bei mir in 60-l-Becken eine Standzeit von etwa vier bis sechs Wochen. Dann lässt die Wirkung nach und das Filtermaterial muß ausgetauscht werden. Bei der ersten Anwendung empfiehlt sich eine häufige Kontrolle des pH-Wertes. Schliesslich ist bei sehr weichem Wasser mit einem plötzlichen Absinken in den kritischen Bereich zu rechnen. Vorsicht ist deshalb auch bei wiederholter Filterung über neue Torffüllung geboten. Nach kurzer Zeit kennt man jedoch die Wirkung des verwendeten Materials so gut, daß sich Messungen erübrigen. An dieser Stelle möchte ich erwähnen, daß die Wasserfärbung keinen Aufschluss über den Grad der Ansäuerung des Wassers gibt.
Wassertrübung
Häufig wird im Kreis von Aquarianern über eine milchige Wassertrübung geklagt. In diesen Fällen haben sich hier regelrechte Kleinlebewesenkulturen gebildet, die in dem entsprechenden Aquarienwasser nach stärkerer Fütterung und verbliebenen Futterresten das ihnen zusagende Milieu gefunden haben. Nachdem Torfe nicht nur Antibiotika enthalten sondern auch bakterizid (bakterienhemmend) wirken, werden diesen Einzellern mit der Torffilterung die Lebensgrundlagen entzogen. Selbstverständlich ist zu empfehlen, die Ursache allen Übels, nämlich die zu starke Fütterung einzuschränken. Es hilft auch, regelmäßig Futterreste zu entfernen.
Torf für die Zucht
Diese weitreichende Wirkung des Torfes, zu denen auch die geschlechtsaktivierenden Stoffe und fungizide (pilztötende) Substanzen zu rechnen sind, weisen zudem auf die besondere Eignung der Torffilterung zu Zuchtzwecken hin. Hier meine ich all jene Aquarienfische, die weiches und zumindest leicht saures Wasser für ihre Fortpflanzung benötigen. Für alle anderen Flossenträger, d. h. Species, die sich gerne in härterem und neutralem bis leicht alkalischem Wasser tummeln wollen, ist natürlich von einem Einsatz abzuraten.
Wer sich noch ausführlicher zum Thema Torf informieren möchte, dem möchte ich die Artikelreihe von Helmut Wendenburg in "Das Aquarium" empfehlen. Hier wird sehr sachkundig durch diese Thematik geführt.
Literatur:
Born, H. (1956): Betrachtungen über das "Schwarzwasser". DATZ 9(9): 237-238.
Geisler, R. (1964): Wasserkunde für die aquaristische Praxis. 2. Aufl., Kernen Verlag Stuttgart
Hückstedt, G. (1968): Aquarienchemie. 3. Aufl., Franckh'sche Verlagshandlung Stuttgart
Krause, H.-J. (1990): Aquarienwasser, bede-Verlag Kollnburg
Kassebeer, G. (1986): Ein Analytikkurs für Aquarianer III. Die Karbonathärte des Aquariumwassers. Aquarium heute 4(3): 33-35.
Ott, Dieter (1991): Der Torffilter. Eine Möglichkeit zur Ansäurung des Aquarienwassers. DA Nr. 268: 49-50.
Pinter, H. (1987): Einige Bemerkungen über den sogenannten "falschen oder unechten Neontetra", Paracheirodon simulans (Géry, 1963). AT 34(11): 371-372.
Wendenburg, Helmut (1999): Moor - Torf - Aquaristik. DA Nr. 355: 2-7.
Wendenburg, Helmut (1999): Moor-Torf-Aquaristik. Teil 2: Das Hochmoor und seine Materialien für das Aquarium. DA Nr. 356: 25-30.
Wendenburg, Helmut (1999): Moor - Torf - Aquaristik. Teil 3: Wasseraufbereitung mit Torf (1). DA Nr. 357: 21-27.
Wendenburg, Helmut (1999): Moor - Torf - Aquaristik. Teil 3: Wasseraufbereitung mit Torf (2). DA Nr. 358: 14-17.
Wendenburg, Helmut (1999): Moor-Torf-Aquaristik. Teil 4: Extrakte aus Torf und Aktivkohle. DA Nr. 359: 22-24.
Wendenburg, Helmut (1999): Moor-Torf-Aquaristik. DA Nr. 360: 17-22
Wendenburg, Helmut (1999): Moor - Torf - Aquaristik. DA Nr. 361: 16-19.
Wendenburg, Helmut (1999): Moor - Torf - Aquaristik. Teil 6: Besondere Einsatzgebiete von Materialien aus dem Moor und Schlußbetrachtung. DA Nr. 362: 9-15.