Euglena, das Augentierchen

Seit vielen Jahren gehe ich regelmässig zum Tümpeln. Dieses "regelmässig" kann zwei, drei Mal in der Woche bedeuten, manchmal komme ich jedoch längere Zeit nicht dazu. Dann müssen die Futterkulturen, die Wasserflöhe im Garten oder Tiefkühlkost herhalten.

So komme ich im Jahreslauf in zeitlichen Abständen an die Teiche und Tümpel. Dabei fallen mir jahreszeitliche Veränderungen auf. Im Juni waren diese Veränderungen wieder einmal drastisch zu merken. Am gewohnten Dorfteich waren sämtliche Wasserlinsen verschwunden, das Wasser schimmerte wunderbar grün. Erwartungsvoll packte ich meine Fanggerätschaften aus, zog die ersten Achten: Nichts! Nicht ein einziger Cyclops, kein einziger Wasserfloh.

Nun hatte ich gerade in den Wochen zuvor mehrmals das Fangergebnis mit dem Mikroskop geprüft und dabei das ein oder andere Objekt näher untersucht. Hierzu benutze ich "den" Streble/Krauter "Das Leben im Wassertropfen". So liess ich mich an diesem Tag anregen, Fundortwasser mitzunehmen und unter das Mikroskop zu legen. Damit hatte ich nicht gerechnet: Im Wasser wimmelte es von Euglena. Der Vergleich der lebenden Tiere mit den Abbildungen im Streble/Krauter lässt vermuten, dass es sich um das "Grüne Augentier", Euglena viridis, handelt. Sehr schön waren die einelnen Details unter dem Mikroskop zu sehen. Nur die Geißel war nicht zu erkennen. Als Lebensräume werden Jauchepfützen, Teiche und verschlammte Uferzonen angegeben. Das passte sehr gut, denn mir war bekannt, dass in diesen Dorfteich stets auch Jauche lief. Manchmal war dies zu riechen. Streble/Krauter geben als Größe 40 - 65 µm an. Unter dem Mikroskop waren einige große Tiere und ca. 95 % vielleicht ein Drittel bis 40 % so große wahrzunehmen. Leider habe ich keine Meßeinrichtung und kann deshalb nur vermuten, dass die größten diese 65 µm ausmachten, die kleineren entsprechend weniger.

Auf der Größe reite ich so herum, weil ich in der Annahme, eine dichte Grünalgenpopulation mitgenommen zu haben, meine Wasserflöhe im Garten (Daphnia pulex) mit einem vollen Eimer gefüttert hatte. Eine spätere Untersuchung unter dem Mikroskop zeigte einen teilweise grün gefärbten Darm. Ich vermute deshalb, dass die Wasserflöhe diese kleinen Euglena einstrudeln konnten. Dies steht im Gegensatz zur Darstellung bei Bremer (1997), der sie als zu groß als Nahrung für Wasserflöhe abhandelt. Als weitere Bestätigung für die Nahrungsaufnahme sehe ich die wenige Tage später sich zeigende pupurne Färbung der Wasserflöhe. So intensiv habe ich dies bisher noch nicht erlebt. Zudem zeigten sich in der Kultur plötzlich Diaptomus, die sich fortpflanzten.

Selbstverständlich wälzte ich die zugängliche Literatur, um Kulturhinweise zu bekommen. Dabei fiel mir auf, wie sehr sich die Darstellungen ähnelten.

Geyer (ohne Jahresangabe) schrieb noch von "Euglena gracilis", den ein Dr. Linde als Futtertier eingeführt haben soll. Neben einer Erdabkochung empfiehlt er eine kleine Messerspitze Liebigs Fleischextrakt auf 1 l Wasser. Die Entwicklung soll bedeutend länger als bei anderen Futterkulturen dauern. Die Kultur bleibt jedoch monatelang gebrauchsfähig und unbrenzt vermehrbar.

Pinter schreibt im Kosmoshandbuch der Aquarienkunde (1978) über das Augentierchen, wobei er die Geruchslosigkeit der Kultur hervorhebt. Er hält 1 g eines guten Fleischextrakts auf einen Liter Wasser für eine geeignete Lösung. Er preist, dass eine einmal betriebene Kultur jahrelang in Gang gehalten werden kann. Euglena hält er bei Labyrinthfischen und kleinsten Karpfenfischen wie Borara maculata und urophthalma für angebracht.

In seinem Handbuch der Aquarienfischzucht steht in der 5. Auflage nicht viel anderes als in der ersten. Es wird lediglich noch erwähnt, dass das Geißeltierchen Chloroplasten enthält, die vermutlich aus als Symbionten aufgenommenen Grünalgen stammen. Somit kann Euglena Photosynthese betreiben. Hier spricht er aber auch von Bouillon. Die Augentierchen können unmittelbar aus der Kultur verfüttert werden.

Inzwischen hat sich meine mit einer Messerspitze Fleischextrakt angesetzte Kultur begonnen zu entwicklen. Das Wasser färbt sich grün. Nun halte ich Ausschau nach Fischarten, deren Junge für Versuche in Betracht kämen.

Literatur:

Autorenkollektiv (1978): Kosmoshandbuch der Aquarienkunde. 2. Aufl.; Franckh, Stuttgart.

Bremer, Heinz (1997): Aquarienfische gesund ernähren. Ulmer, Stuttgart.

Geyer, Hans (ohne Jahr): Praktische Futterkunde. 3. Auflage, Alfred Kernen Verlag, Stuttgart.

Pinter, Helmut (1998): Handbuch der Aquarienfischzucht. 5. Aufl.; Ulmer, Stuttgart.

Streble/Krauter (1976): Das Leben im Wassertropfen. Franckh, Stuttgart.